Einsteiger in das Cross-Training unterliegen häufig dem Irrglauben, es ginge dabei allein um das All-out, den 110%-Einsatz und den Eintritt in die rote Zone in jeder Einheit. Und ja, dies ist tatsächlich das, was Cross-Training ausmacht und Spaß bringt. Vielleicht nicht unbedingt währenddessen, aber nichts hinterlässt einen mit einem vergleichbarem Glücksgefühl nach der Belastung.
Wer sich allerdings die Trainingspläne hochklassiger Cross-Athleten auf wöchentlicher Basis ansieht wird feststellen, dass sie eine ganze Menge von diesem „langweiligen Zeug“ tun, das du vielleicht auch vor dem Einstieg ins hochintensive, funktionale Training getan hast.
Die Rede ist von langen Ausdauereinheiten. Eine Runde durch den Park joggen. 5 Kilometer auf dem concept2 Rudergerät. Eine halbe Stunde Bahnen ziehen im Schwimmbad. Oder gemäßigtes Radeln auf dem Radergometer. Ja, die Elite trainiert all diese Dinge, die niemand auf den ersten Blick mit Cross-Training assoziiert.
Die 3 Stoffwechselwege
Hier die Begründung auf wissenschaftlicher Basis: wann immer wir uns sportlich betätigen, können wir die dafür notwendige Energie aus drei verschiedenen Stoffwechselwegen, den sogenannten „Metabolic Paths“, beziehen.
Auf welchen Pfad der Körper zurückgreift, ist von der Intensität der Anstrengung abhängig:
Der Phosphocreatine-Pfad
Diese Form der Energiegewinnung geschieht nur im Rahmen von extrem intensiven und extrem kurzen Anstrengungen, z.B. ein Maximalkrafttest oder ein 100 Meter-Sprint.
Die Muskelspeichervorräte des Energieträgers ATP werden innerhalb von wenigen Sekunden aufgebraucht, und auch die Neubildung mittels Kreatin lässt sich nur sehr kurzfristig aufrechterhalten.
Der Glycolyse-Pfad
Der zweite Stoffwechselweg erzeugt wie auch der erste Bewegungsenergie auf anaerobe Weise, d.h. die Anstrengung verbrennt mehr Sauerstoff, als wir durch die Atmung wieder zuführen können (auch wenn wir dabei noch so tief und hektisch atmen mögen).
ATP wird hier durch die Verbrennung von Glucose, einer Speicherform des Kohlenhydrats, neugebildet. Dies lässt sich für eine mittlere Zeitspanne durchstehen – z.B. ein schneller 400 Meter-Lauf oder 20 Wiederholungen einer Kraftübungen.
Dann ist der Gehalt an Stoffwechselendprodukten (Laktat) im belasteten Muskel zu hoch, die Muskulatur „macht dicht“, eine Pause wird erzwungen.
Der Oxidative Pfad
Dies ist die aerobe Intensitätsstufe, um das es uns in diesem Blogpost geht: über die Atmung kann genügend Sauerstoff aufgenommen werden, um den Verlust aus der Verbrennung zur Muskelenergieerzeugung zu kompensieren.
Eine sehr nachhaltige Art der Energiegewinnung, die sich theoretisch unendlich lange halten lässt – nur die Kondition unserer Muskeln, Gelenke, Knochen, Bänder, Sehnen, und unser „Mental Game“ limitieren uns.
Basis der Stoffwechselwege – der oxidative Pfad!
Da Cross-Training bekanntlich eine Rundum-Fitness zu formen bestrebt, soll unser Stoffwechsel in jedem der drei Stoffwechselwege trainiert werden. So wie wir lernen, uns effizienter zu bewegen, soll auch unser Metabolismus möglichst effizient haushalten können.
Der Oxidative Pfad ist die Basis dessen. Nur wenn unsere aerobe Ausdauer gut trainiert ist, können wir unsere Arbeitskapazität insgesamt steigern – d.h. mehr Arbeit in weniger Zeit verrichten. Ganz simpel. Wie können die Pausenzeiten zwischen schweren Lifts in den WODs minimieren.
Wir können eine größere Anzahl an ununterbrochenen Wiederholungen in den Gymnastics (Pull ups, Muscle ups etc.) und anderen Eigengewichtsübungen wie Burpees oder Boxjumps absolvieren. Unser Körper erholt sich schneller von den großen Anstrengungen im Phosphocreatine- oder Glycolyse-Pfad.
Aerobes Training zur Regenerierung
Längere Ausdauereinheiten sind zudem eine tolle Variante der sogenannten Active Recovery. Leidet man unter Muskelkater und allgemeiner Abgeschlagenheit nach einem harten Training, ist ein lockere Trainingssession im aeroben Bereich häufig die bessere Wahl als ein ganzer Tag auf der Couch.
Positive Effekte sind zum Beispiel:
- Angeregte Durchblutung
- Abbau von Stoffwechselendprodukten
- Lockerung der Muskulatur
- Anregung der Reparatur von Mikroverletzungen im Muskel- und Fasziengewebe
Mentale Auszeit im aeroben Training
Das aerobe Training ist aber auch eine Wohltat für den Geist. Als Cross-Traning-Athleten ist man ständig der Diktatur von Uhr, Gewichten, Zahlen unterworfen.
Einfach mal entspannt drauf los zu laufen und die Natur genießen, oder den Laptop mit Netflix-Zugang neben dem Rudergerät aufbauen, einfach Bewegung der Bewegung wegen, trägt ungemein zu einer insgesamt positiven Grundeinstellung zum Training bei.
Schließlich suchen wir alle nach einer langfristig machbaren Trainingsroutine, die uns nicht nur besser, sondern auch glücklicher macht.